Junge Menschen im Fokus – Einsamkeit verstehen und gemeinsam aktiv werden
Einsamkeit ist längst nicht mehr nur ein Thema der älteren Generation. Die Herausforderungen, die junge Menschen in unserer modernen, digitalisierten und oft anonymen Gesellschaft erleben, rücken immer stärker in den Blickpunkt. Auf unserer Konferenz im vergangenen Dezember haben wir einen Programmpunkt genau dieser Problematik gewidmet – im Rahmen der KORALE-Initiative und der Arbeit der Plattform gegen Einsamkeit (PGE). Projektinitiatorin Assoziierte Professorin Dr. Karin Gutiérrez-Lobos, Spezialistin für Psychiatrie und Neurologie, und die Projektleiterin Katrin Weber diskutierten die Weiterentwicklungen der Plattform gegen Einsamkeit unter Moderation von Johannes Gorbach, Beiratsmitglied der Plattform gegen Einsamkeit.
In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf diesen Programmpunkt, fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen, zeigen auf, welche konkreten Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und welche Schritte wir für die Zukunft anstreben.
KORALE, Plattform gegen Einsamkeit und die Relevanz von Jugend-Einsamkeit
Die KORALE-Initiative ist das erste EU-Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, Einsamkeit und soziale Isolation durch öffentliche Politikmaßnahmen in sechs europäischen Regionen zu reduzieren. Gemeinsam mit Partnerorganisationen aus Dublin, Lissabon, Aalst (Belgien), der Zentralregion Dänemark und Gipuzkoa im Baskenland arbeiten wir daran, gute Praktiken zu identifizieren, Schlüsselerfolgsfaktoren zu ermitteln und innovative Präventionsstrategien zu entwickeln.
Weitere Informationen zu: KORALE ("Towards a community of practice and Knowledge On pReventing and tAckling Loneliness from public policiEs")
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Die Plattform gegen Einsamkeit (PGE) wurde ins Leben gerufen, um genau diesen Herausforderungen zu begegnen. Unsere Mission ist es, das vielschichtige Phänomen der Einsamkeit ganzheitlich zu verstehen und wirksame Maßnahmen zur Förderung sozialer Teilhabe zu entwickeln – mit einem besonderen Fokus auf junge Menschen. Studien zeigen, dass sich seit Beginn der Covid-Pandemie nicht nur ältere und armutsgefährdete Menschen, sondern auch Kinder und Jugendliche zunehmend isoliert fühlen. Junge Menschen stehen in einer Lebensphase, in der soziale und emotionale Vernetzung essenziell für ihre Entwicklung sind. Daher müssen wir ihnen frühzeitig Unterstützung und Hilfsangebote bereitstellen.
© Isabella Hewlett
Aktivitäten und der Konnex zum Thema Gesundheit: Konkrete Maßnahmen gegen Jugend-Einsamkeit
Während der Konferenz haben wir praxisnahe Einblicke in die Arbeit der Plattform gegen Einsamkeit gegeben und diskutiert, welche konkreten Schritte bereits erfolgreich umgesetzt wurden – insbesondere zur Bekämpfung der Einsamkeit bei jungen Menschen.
Unsere Maßnahmen im Überblick:
- Kompetenznetz und Datenbank:
Seit 2021 bietet unsere Plattform eine umfangreiche Website mit einer Datenbank, in der verschiedene Interventionen und Hilfsangebote zusammengestellt sind. Hier finden Betroffene und Interessierte Informationen zu sozialen Unterstützungsprogrammen, emotionalen und sozialen Fertigkeitstrainings sowie psychologischen Behandlungsansätzen. - Informationsveranstaltungen und Events:
Regelmäßige Informationsveranstaltungen und Veranstaltungen wie Community Walks, Meeting Cafés und der Community Prize sorgen dafür, dass das Thema Einsamkeit offen angesprochen und zugänglich gemacht wird. Diese Aktivitäten fördern den persönlichen Austausch und helfen, soziale Netzwerke zu stärken. - Neue Interventionen speziell für junge Menschen:
Unser aktueller Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und Umsetzung zielgruppenspezifischer Maßnahmen:- Social Corner: Hier schaffen wir durch moderierte Räume in ausgewählten Eventlocations, begleitende Sensibilisierungskampagnen im Bereich Mental Health und den Zugang zu kulturellen Programmen (z. B. mit kostenfreien Tickets) eine Plattform, die junge Menschen zusammenbringt.
- Youth/Girls Walk: Dieses Konzept beinhaltet speziell konzipierte Community Walks für junge Menschen, die in einer altersgerechten Sprache und in sicheren Peer-Spaces stattfinden – ideal, um am Wochenende in entspannter Atmosphäre Kontakte zu knüpfen.
- Rebranding und Ausbau der Kommunikationskanäle: Wir arbeiten daran, unsere Datenbank noch besser an die Bedürfnisse junger Menschen anzupassen, die Community weiter auszubauen und über erfolgreiche Best-Practice-Beispiele zu informieren.
Erkenntnisse und Herausforderungen:
Die Erfahrungen der Plattform gegen Einsamkeit zeigen, dass Einsamkeit ein komplexes, vielschichtiges Thema ist – besonders im Hinblick auf die psychische und physische Gesundheit junger Menschen. Die Pandemie hat bestehende Probleme verschärft und neue Herausforderungen geschaffen. Dennoch haben sich konkrete Maßnahmen, wie die oben genannten Ansätze, bereits als vielversprechend erwiesen. Wichtig dabei war immer, die Bedürfnisse der Zielgruppe genau zu verstehen und niedrigschwellige Zugänge zu schaffen.
© Isabella Hewlett
Zukunftsvision: Politische Strategien und gesellschaftliche Veränderungen
Die Ergebnisse und Diskussionen unserer Konferenz haben uns in unserer Vision bestärkt, dass es langfristiger, evidenzbasierter Maßnahmen bedarf, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig zu stärken. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz arbeiten wir an der Entwicklung einer nationalen Strategie zur Bekämpfung von Einsamkeit – ein ambitioniertes Ziel, das über kurzfristige Projekte hinausgeht.
Unsere Ziele für die Zukunft:
- Intersektorale Zusammenarbeit:
Wir wollen die Kooperation zwischen öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren intensivieren, um auf breiter Basis Lösungen zu entwickeln. - Tabuabbau und Sensibilisierung:
Einsamkeit muss als gesellschaftliche Herausforderung offen angesprochen werden. Nur so können Vorurteile abgebaut und Hilfsangebote zugänglicher gemacht werden. - Politische Unterstützung:
Es ist essenziell, dass politische Entscheidungsträger*innen Einsamkeit als gesamtgesellschaftliches Problem anerkennen und entsprechende Strategien fördern. Im Rahmen der KORALE-Initiative werden bis 2028 ein Policy Guide und eine Sammlung von Best Practices veröffentlicht, die sich an junge Menschen und ältere Erwachsene richten. - Nachhaltige Maßnahmen und langfristige Programme:
Die Plattform wird weiterhin eine zentrale Rolle als nationales Kompetenznetz spielen und durch evidenzbasierte Interventionen den sozialen Zusammenhalt in Wien und ganz Österreich stärken. Wir setzen auf Maßnahmen, die auf verschiedenen Handlungsebenen ansetzen und sowohl bestehende Initiativen unterstützen als auch neue Projekte ins Leben rufen.
© Isabella Hewlett
Fazit
Unser Programmpunkt auf der Dezemberkonferenz hat gezeigt, wie dringend notwendig es ist, Einsamkeit insbesondere bei jungen Menschen in den Blick zu nehmen. Die systemischen Perspektiven, die im Rahmen der KORALE-Initiative und der Arbeit der Plattform gegen Einsamkeit präsentiert wurden, bieten wertvolle Ansätze und Impulse.
Wir laden alle Interessierten ein, sich aktiv an diesem Wandel zu beteiligen – sei es durch die Teilnahme an unseren Angeboten, durch den Austausch in unserer Community oder durch politische Forderungen, die dafür sorgen, dass Einsamkeit als gesamtgesellschaftliche Herausforderung behandelt wird. Gemeinsam können wir die Weichen für eine Zukunft stellen, in der soziale Isolation der Vergangenheit angehört.